Heute wurden wir von einem Unternehmen gefragt, für wen das Lieferkettengesetz gelten wird.
Vorab kann man natürlich erstmal nur mutmaßen. Erste Gesetzesentwürfe sind Stand heute noch in Arbeit.
Man darf wohl annehmen, dass sich das Gesetz vor allem auf dieselben Grundlagen, wie der Nationale Aktionsplan für Menschenrechte stützen wird. Zudem scheint es auch wahrscheinlich, dass sich die Grüne-Knopf-Zertifizierung als Absicherung gegen rechtliche Risken erweisen wird.
Somit kann man davon ausgehen, dass der Gesetzestext sich auf die Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter beziehen wird. Eine Umsatzgrößenordnung wird sicherlich ebenfalls festgesetzt werden mit dem Versuch, kleine Unternehmen auszunehmen.
Man darf allerdings daran zweifeln, dass kleinere Unternehmen damit "aus dem Schneider" sind. Unsere Märkte werden nicht von milliardenschweren Konzernen mit tausenden von Mitarbeitern versorgt. Vielmehr wird der Einzelhandel, aber auch jedes Markenunternehmen von einer Vielzahl von mittelständischen Spezialisten, die in Europa sitzen, versorgt.
Der Fertigwaren-Importeur, die Handelsagentur und sogar das in Deutschland konfektionierende Unternehmen, das unter Made-in-Germany labelt, das sind die Unternehmen, die den Großteil der Waren im europäischen Wirtschaftsraum an den Kunden bringen, B2B, B2C, online und offline.
Das Großunternehmen, das vergisst diese wichtigen Partner in sein Nachhaltigkeitskonzept einzubeziehen, handelt nicht nur in Fernost oder Südamerika fahrlässig, sondern schon vor der eigenen Haustüre. Deshalb werden die Zulieferer in Deutschland, egal welcher Größe, der Erfüllung der rechtlichen Rahmenbedingungen zuarbeiten müssen.
Und das ist auch gut so. Die Lieferkette ist kein asiatisches Problem. Vielmehr wird seit Jahren unterschätzt, dass die vermeintlich kleinen Händler, die die Mehrheit der Unternehmen stellen, sich um die Wette und um Kopf und Kragen unterbieten müssen, um Aufträge von potenten Kunden zu bekommen. Das ist ein globales Problem, von der Milch bis zum T-Shirt, von Berlin bis Jakarta. Derjenige, der am besten mit Risiko und Preis jongliert, gewinnt.
Wettbewerb ist gut. Wettbewerb ist wichtig. Umso wichtiger ist, dass dieser zu fairen Bedingungen erfolgt und soziale Gerechtigkeit geschützt wird, sowie die Umwelt. Das gilt nicht allein in der ach so fernen Lieferkette, sondern beginnt bei uns, bei allen Unternehmen, unabhängig von der Größe.
Deshalb muss das Lieferkettengesetz für alle geschaffen werden. Es wird alle betreffen. Nicht nur die Großen.
Es ist insgesamt gut, dass das Gesetz kommt. Es setzt die Unternehmen unter Druck tatsächlich die Lieferkette in Bezug auf Risiken zu analysieren, monitoren und Verbesserungsmaßnahmen zu implementieren.
Die sogenannten " Trittbrettfahrer" haben keine Chance mehr.
Die Ausgestaltung des Gesetzes bleibt aber abzuwarten. Wie wird die Haftungsregelung aussehen? Wird es tatsächlich das Lieferkettengesetz für alle? Es wird spannend bleiben, wo die Gesetzgeber die Grenze für das Gesetz ziehen werden und ob dieses Gesetz auch Anwendung in der öffentlichen Beschaffung finden wird. Dort ist sicherlich noch Potential für mehr Nachhaltigkeit.